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Die Individualpsychologie als lebendige Psychologie ermöglicht es uns, die allgemeine Betrachtungsweise von Alltagsbegriffen zu erweitern. Hierzu wollen wir einen Beitrag leisten, indem wir Begriffe zum Thema machen, sie unabhängig von ihrer Aktualität beleuchten und sozusagen zurückgelehnt einen Blick auf den Alltag  werfen.
Wenn die Ausführungen den Konservativen zu modern, den Aktivisten zu passiv und den Moralisten zu offensichtlich erscheinen, wissen wir, dass wir nicht "en vogue" sind. Aber vielleicht regen wir zu einer Diskussion an - zu einer Diskussion, zu der wir Sie gerne einladen.
Es lohnt sich!

Ihre





Themen bei denen es sich lohnt, sie genauer anzuschauen





Aufbruch
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2005)

Zu neuen Ufern aufbrechen. Das taten Menschen immer wieder, so dass zeitweise regelrechte Auswanderungswellen durch Europa  liefen.
Aber wozu nahmen diese Menschen die Strapazen der Reise ins Ungewisse auf sich - in eine unbekannte Welt und ließen ihre Heimat, ihr angestammtes Zuhause zurück? Briefe und Balladen voller Trauer und Wehmut zeugen davon, dass bei dem Aufbruch in das Neue die als schätzenswert erachteten Dinge bewahrt bleiben sollten. So entstanden, um diese Wehmut nach dem Verlassenen zu kompensieren und Sicherheit in der neuen Umgebung zu fühlen z.B. in Amerika deutsche, schwedische oder italienische Viertel, in denen die Tradition der alten Heimat über Generationen gepflegt wurde und wird. Die wenigsten Auswanderer und vor allen nicht die nachfolgenden, die Tradition aufrecht haltenden Generationen, kamen wieder zurück. Die, die aufbrachen taten dies nicht, um die Brücken hinter sich abzubrechen, auch wenn sie die Brücken nie wieder begingen. Die, die aufbrachen, taten dies sicher zum Teil aus wirtschaftlicher Not aber vor allem, um ihre Ideale, Wünsche und Ziele an anderer Stelle neu zu beleben und dies in ihrer Tradition.
Die, die aufbrachen und die, die zurückblieben einte häufig der gleiche Schmerz. Aber der Umgang mit diesem Schmerz war bei den einen resignierend und bei den anderen aktiv gestaltend.
Aus diesen Erfahrungen können wir für unseren Alltag eine Reihe von Ableitungen treffen. Denn wir müssen ständig entscheiden, ob wir bleiben oder aufbrechen wollen, ob wir verharren oder uns verändern möchten.
Wenn wir mit einer Situation oder Position brechen und diese hinter uns lassen, kann dies von denen, die zurückbleiben auch als weglaufen empfunden werden. Was unterscheidet aber die beiden Ansichten? Wann läuft der eine weg und der andere bricht auf? Die Tatsache des von A nach B Strebens und des hinter sich Lassens von A ist gleich. Beide Bewegungen sind erst einmal identisch und doch unterscheiden sich die Ziele und Motive voneinander. Also müssen wir den Unterschied nicht in der Aktion als solcher suchen, sondern in dem Grund – der Kausa - und in dem Ziel – der Finalität – des Handelns.
Menschen, die weglaufen, geben die Verantwortung für die Aufrecherhaltung und die Weiterentwicklung des Erreichten ab. Sie genügen sich in ihrer Bewegung von etwas weg - nicht zu   etwas hin. So ist auch das Treten auf der Stelle oder ein Laufen   im Kreis ein Weglaufen – nur das sich dabei die Umgebung weiter und damit weg bewegt.
Es spielt keine Rolle, ob dieses Weglaufen nach Umsetzen eines Teilziels erfolgt, oder aufgrund mangelnder Kompromissbereitschaft bei dem Anspruch, eigene Vorstellungen zu 100 Prozent umzusetzen. Allerdings geht mangelnde Kompromissbereitschaft oft einher mit der Tendenz, aus der   erfahrenen Frustration heraus nicht nur wegzulaufen, sondern das zu zerstören, was aufgebaut wurde. Dabei bleiben andere nicht nur zurück, sondern auch mit der Situation allein.
Aufbruch hingegen ist immer gekennzeichnet durch den Aufbau von etwas Neuem, in der Tradition des Alten. Eingebunden in eine Gemeinschaft, die sich einer veränderten Welt stellt, aktiv handelnd zu gestalten: das ist Aufbruch. Er entsteht aus dem individuellen Erleben einer Starre, die nicht mehr aufzubrechen ist, verbunden mit dem Wunsch und dem Verlangen, etwas für sich oder andere zu verändern. Aufbruch ist immer verbunden mit einem Verlassen einer Situation und dem Streben nach einer neuen Gemeinschaft, in der Hoffnung auf eine bessere Verwirklichung der Ziele und Wünsche in der Tradition des alten. Damit ist der Aufbruch auch gekennzeichnet durch ein in eine neue Gemeinschaft hinein, nie nur von der alten Gemeinschaft weg. Gekennzeichnet ist der Aufbruch außer von dem Veränderungswunsch auch von der Bereitschaft, die Umsetzung seiner Ziele und Wünsche mit der neuen Gemeinschaft abzustimmen.
Aber entscheidend für uns als Individualpsychologen ist, dass sich der Aufbruch nie gegen das Verlassene richtet. So wird ein Wanderer, der zur Höhe aufbricht, nicht das Tal verdammen, von dem er gestartet ist. Er schaut zurück, beklagt die Mühen, die er auf sich geladen hat und ist vielleicht stolz darauf, die Enge verlassen zu haben. Aber er weiß, dass das Tal sein Ursprung ist. Andere möchten gerne im Tal leben. Der eine liebt den unbegrenzten Blick von der Höhe, der andere möchte im Schutz des Tales die vertraute Sicht bewahren. Beide können sich im Kreis Gleichgesinnter bewegen, ohne dass es ihnen zusteht, darüber zu urteilen, wer den besseren Weg beschreitet.
Lassen Sie uns im Bewusstsein des Ursprungs aktiv gestaltend zu neuen Ufern aufbrechen ...
Es lohnt sich.
Dankbarkeit
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2005)

Frag nicht, was das Leben Dir gibt, frag, was Du gibst.“ Wer dieses Zitat Alfred Adlers beherzigt, wird sicherlich durch die Umsetzung eine hohe Beitragsquote im mitmenschlichen Zusammenleben erreichen. Aber möglicherweise auch immer wieder Enttäuschungen erleben, weil der Dank für die Bemühungen ausbleibt in einer auf Selbstverwirklichung ausgerichteten Gesellschaft, in der Nehmen seliger ist als Geben. - Anzunehmen, dass jemand nur gibt, ohne Dank zu erwarten, wäre sicher weltfremd. -
Nun sollte aber jeder Gebende seine Finalität prüfen:  will ich einen Beitrag zur Gemeinschaft leisten, oder tue ich etwas, damit die anderen mir dankbar sind und mir dadurch ein Platz in der Gemeinschaft sicher ist. Im ersten Fall sind in der Regel Wertschätzung, Anerkennung und eben auch Dankbarkeit die Konsequenz – im zweiten Fall wird eine abwehrende oder ablehnende Reaktion der Umgebung die Folge sein. Zu allem Überfluss verstärken sich Aktion und Reaktion auch noch: „Dankbarkeit ist eine gar wunderliche Pflanze; sobald man ihr Wachstum erzwingen will, verdorrt sie". (J. Gotthelf)
Im  Berufalltag des psychologischen Beraters oder Coaches besteht  hier die Gefahr, in eine Falle zu tappen. Die äußerst positiven Veränderungen, die beim Klienten bewirkt werden können, mögen den Initiator und Förderer solch guter Entwicklungen dazu verleiten, Dankbarkeit von seinem Kunden zu erwarten. Jedoch müssen hier zwei Dinge betrachtet werden: Zum einen ist sicher die Leistung des Beraters von großer Bedeutung. Zum anderen ist nach individualpsychologischem Verständnis für einen Erfolg aber vor allem die Mitwirkung des zu Beratenden entscheidend. Ein beraterischer „Erfolg“ lässt sich nur mit dem Klienten erzielen.
Der Berater zeigt mögliche Wege auf, macht Zusammenhänge und damit verbundene Konsequenzen deutlich und ist somit Begleiter der Entwicklung seines Klienten. Dabei geht er auf Grund seiner Kompetenz die ersten neun Schritte voran, um dann seinem Kunden Platz zu machen, damit dieser den entscheidenden 10ten Schritt eigenständig machen kann. Somit hat ein guter Berater natürlich einen entscheidenden Anteil an dem Erfolg der Beratung. Aber er kann dafür keine Dankbarkeit erwarten – was er erwarten kann, ist ein angemessenes Honorar, was er auch für den Fall  einfordern darf, dass der Klient den 10ten Schritt nicht gehen will.
Sollte der Berater sich dabei unzureichend gewürdigt fühlen, kann ein Ausgleich nicht über beim Klienten eingeforderte Dankbarkeit, sondern nur über ein höheres Honorar erfolgen. Wer eine beratende Tätigkeit ausübt und  Dankbarkeit von seinen Klienten einfordert, nutzt die Abhängigkeit Ratsuchender aus und erschwert Ihnen mit moralischen Fesseln die Eigenständigkeit. Dies widerspricht dem Grundsatz, dass die Beziehung zum Klienten so zu gestalten ist, dass eine Arbeitsbeziehung unter gleichwertigen Menschen entsteht. Die Entscheidungsfreiheit und Eigenständigkeit des Klienten muss gewahrt bleiben.
Denn immer liegt die Entscheidung, ein im Gespräch erarbeitetes Erklärungs- und Hilfsangebot anzunehmen und umzusetzen, ausschließlich beim Beratenen. Diese Verantwortung für sein Leben kann und darf ihm nicht genommen werden.
Der deutsche Philosoph Eduard von Hartmann hat gesagt: „Man stattet den Dank eigentlich deshalb ab, um die Dankbarkeit loszuwerden.“ Ich denke, wir sollten uns im gemeinschaftlichen Miteinander so verhalten, dass uns ehrliche Dankbarkeit immer erhalten bleibt. Es lohnt sich!

Lebenssinn
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2006)

Die Entschlüsselung der menschlichen DNA war sicher ein Meilenstein neuerer Forschungsgeschichte und vielleicht schaffen es Physiker wie Hawkins auch bald die Entstehung der Welt zu erklären. Doch aller medizinischer oder technischer Fortschritt ist Arbeiten an einer sinnleeren Hülle, denn Wissenschaft und deren Erkenntnisse generieren keinen Sinn aus sich heraus. Gerade das ist es aber, was der Mensch möchte - sinnvoll und sinnerfüllt leben. Menschen, die ihrem Leben ein Ende setzen wollen, sagen: „es macht doch alles keinen Sinn mehr“, und drücken damit aus, dass ein Leben ohne Sinn nicht   erstrebenswert ist.
Auch Nihilismus, Skeptizismus oder Hedonismus   sind letztlich nur Ausdruck der Tatsache, dass der Mensch nach Sinn sucht, gleichgültig ob er dann zum Ergebnis kommt, dass es   keinen gibt, alles in Frage zu stellen ist oder man vor allem  „seinen Spaß haben sollte“.
Die Individualpsychologie beschrieb schon früh die Irrungen bei der Sinnsuche: Überkompensation – das gemeinschaftsschädliche Streben nach Macht - nach unangemessener Anerkennung. In der Logotherapie nach Viktor Frankl – die von der Individualpsychologie Alfred Adlers beeinflusst ist – wird die Suche nach dem Sinn des Lebens zur zentralen Idee, und das gefühlte Fehlen eines Sinnes zum Auslöser von Gefühlen der Wertlosigkeit.
Was der eine als sinnvoll bezeichnet, mag dem anderen als völliger Un-Sinn erscheinen. „Jeden nach seiner Fasson glücklich sein zu lassen“  - wohlgemerkt auf der Basis gegenseitigen   Respekts – setzt jedoch Toleranz ohne moralische Überlegenheit voraus. So sehr die Menschen sich auch auf eine organisierte Sinnsuche begeben – zum Beispiel in den Religionen, die um so dogmatischer vertreten werden, je unsicherer der einzelne sich seines Lebenssinnes ist – so sehr ist jeder Mensch bei der Sinnfindung letztlich auf sich allein gestellt. Die Suche nach dem Lebenssinn entzieht sich somit jeglicher Vereinfachung und Schlagworte, scheinbar abgeleitet aus der Individualpsychologie, wie „im Beitrag liegt die Lebenszufriedenheit“ oder „wahrer Beitrag ist mit Verzicht verbunden“ reduzieren die Sinnfrage auf ein Postulat, denn der Sinn entspringt dem „Dasein, d.h. dasjenige Seiende, dem es um sein Sein geht." (Heidegger)
Dabei dürfen Begrifflichkeiten nicht gleichgesetzt werden. So   ist Ziel- und Planlosigkeit nicht gleichzusetzen mit Sinnleere. Gerade Menschen die keinen Lebenssinn für sich (mehr) haben, kompensieren diese gefühlte Sinnleere häufig durch planvoll und zielstrebig erscheinendes Handeln.  Perfektion im Detail, das Streben nach Professionalität oder das Streben nach ständiger Verbesserung entbehrt jeden Sinnes, wenn hierfür die Bezugsgröße fehlt, das Handeln nur noch Selbstzweck ist. Der Sinn entspringt nicht automatisch dem Handeln, auch wenn heute als modern und   weltoffen angesehen wird, wer den Weg als das Ziel ansieht.
Aber mit welchem Sinn wird der zu gehende Weg ausgefüllt. Miyamoto Musashi, der Mitte des 17. Jhd, den zu gehenden Weg des   Samurai beschreibt, füllte diesen Weg mit dem Überwinden des Gegners. Den Weg des Heiligen Jacobus zu gehen und die Erfüllung in Gott zu suchen, wird auch nur noch von einigen in der heutigen Gesellschaft als sinnstiftend angesehen, so wie den Menschen früherer Jahrhunderte unser heutiges Verhalten vielfach äußerst unsinnig erscheinen würde.
Liegt der Lebenssinn also in uns und verändert sich im Laufe der Zeit? Oder gibt es Konstanten, die über Zeit und Raum hinweg   allgemeingültig bleiben? Ist es unsere Zufriedenheit im Mobile der anderen, die uns einen Sinn verschafft? Und  ist es dabei meine individuelle Sichtweise, die mich zufrieden – glücklich – und sinnerfüllt leben lässt?
Wenn Adler sagt : “Das Leben ist kein Sein sondern ein Sollen“, so ist die Frage des Lebenssinns damit nicht auf die  Umsetzung der drei Lebensaufgaben reduziert. Denn diese sind nach individualpsychologischem Verständnis  analytische Kategorien, nicht Selbstzweck. Ihre ausgewogene Umsetzung trägt aufgrund möglicher Entlastung  zum zufriedenen, glücklichen Leben bei, so dass sie von daher in gewisser Weise sinnstiftend sind. Aber daraus darf nicht geschlossen werden, dass die berufstätige Ehefrau mit 3 Kindern und einen gesellschaftlichen Engagement sinnerfüllter lebt als „the fool on the hill“ (Beatles).
Das Unbequeme und gleichzeitig Herausragende der Individualpsychologie ist, dass sie den eigenverantwortlichen Menschen in den Zusammenhang seiner Umwelt stellt. Denn „eigenverantwortlich“ heißt eben, selbst für ein sinnerfülltes Leben verantwortlich zu sein -  mit anderen aber nicht durch andere oder für andere.
Die Bereitschaft, Verantwortung für sich zu übernehmen schwindet, je stärker die seelische Belastung ist. Daher sollte menschliches Handeln auf seelische Entlastung ausgerichtet sein, d.h. auf die Reduzierung von Gefühlen von Minderwertigkeit oder Wertlosigkeit, damit der Mensch „aus sich heraus“ sinnerfüllt leben kann, wie auch immer dieser Lebenssinn beim einzelnen aussehen mag.
Es lohnt sich!
Innere Freiheit
Autor: Kasüschke   (2008)

Im Rahmen unserer Möglichkeiten bestimmen wir unser Schicksal. Dieser fundamentale Satz einer freiheitlichen Weltanschauung impliziert, dass Rahmenbedingungen mein Handeln einschränken. Aber diese einschränkenden Rahmenbedingungen, häufig herangezogen als Entschuldigung für unseren Misserfolg, sind nicht nur in den äußeren Gegebenheiten zu suchen. Sie liegen vielfach in uns selbst und sind somit vor uns selbst zu verantworten.
Rudolf Dreikurs hat diese Einschränkungen unseres Handlungserfolges als die „Inneren Fesseln des Menschen“  bezeichnet. Diese Fesseln sind aber nicht als starre Ketten zu verstehen oder gar als „Innere Grenzen“, denn sie sind nicht nur jederzeit veränderbar, sondern sie sind auch flexibel ähnlich   einem Gummiband, das uns in unseren Handlungen einschränkt, unseren Aktionsradius beschränkt und uns, je weiter wir es ausdehnen, Kraft kostet. Aber es sind Innere Fesseln, innere Bande, die wir uns selbst im Laufe unserer Entwicklung angelegt haben.Sie führen dazu, dass unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten beschränkt bleiben, obwohl die objektiven Gegebenheiten mehr zulassen würden.
Unser innerer Zweifel an uns Selbst, unsere ständige Angst uns selbst nicht zu genügen, lässt uns die „Inneren Fesseln“ nicht abwerfen und unseren Aktionsradius erweitern. Wir nehmen hin, dass unsere Möglichkeiten eingeschränkt sind und suchen die Entschuldigung dafür in den äußeren Gegebenheiten. Denn die Erkenntnis über unsere eigenen Inneren Fesseln bleibt uns in der Regel verborgen.
Diese Inneren Fesseln zu überwinden, sie nicht nur zu lösen, sondern sie fortzuwerfen und damit uns von der inneren Befangenheit und Begrenztheit zu befreien, ist das Ziel. Denn dieses Ziel, die Innere Freiheit, ist für den Einzelnen die Möglichkeit zum Glücklichsein und für die Gemeinschaft der Weg in eine neue Kulturepoche.
Auch wenn das Ziel uns vor Augen liegt, und sogar die Notwendigkeit uns treibt, bleibt der Weg verschwommen - diffus. Ist es der Weg des Seiltänzers, der sich selbst verbrennt und damit den Weg der „Wenigen“ und „Seltenen“ geht? Gibt es eine Oase in einer neurotischen Welt, die es uns ermöglicht, innerlich frei zu leben? Oder muss erst die Wüste entgrenzt werden, um der Blume Innere Freiheit Platz zum Gedeihen zu geben?
Ist damit gleichzeitig „Der Weg zum Wir“ verbunden, mit der daraus abgeleiteten Notwendigkeit die Gesellschaft zu wandeln? Eine Gesellschaft, die scheinbar den Weg beschritten hat, die Gemeinschaft zu Gunsten des Individuums aufzulösen, ohne zu sehen, dass es die Gemeinschaft ist, die erst das Individuum unterscheidbar macht.
Welchen Weg soll die Individualpsychologie vertreten, um damit  den Menschen Mut zu geben den Weg zu begehen?
Es ist der Weg der Inneren Freiheit auch innerhalb der Individualpsychologie: Vielfältigkeit zuzulassen!, die Meinung des Anderen nicht begrenzen, weder in der Diskussion noch in der Beratung ist der erste, aber notwendige Schritt zur Inneren Freiheit. Welchen Weg Wir aber  beschreiten sollen, wird die Zeit uns lehren, wenn wir nicht im Augenblick verharren.
Es lohnt sich!

Quellen:
        • Dreikurs; Rudolf: Selbstbewußt, 1987, Ernst Klett, Stuttgart (Erstausgabe 1971)
        • Heidegger: "Beiträgen zur Philosophie" (1936-38)
        • Marx, Karl: Das Kapital, Kritik der politischen Ökonomie, 1971, Cotta, Stuttgart (Erstausgabe 1867)
        • Rühle-Gerstel, Alice: Der Weg zum Wir, 1927, Verlag zum anderen Ufer, Dresden
        • Nietzsche, Friedrich: Also Sprach Zarathustra, Kröner, 1988 (geschrieben 1882-85)

Intrige
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2007) * Bild: Ulrike   Blum-Hoberg


Einem anderen Schaden zufügen, um selbst einen Nutzen zu erzielen." So wird allgemein der Begriff Intrige definiert. Aber es hat schon fast etwas Altmodisches, diesen Begriff zu verwenden. Mehr und mehr ist heute von Mobbing die Rede.
Eine   als störend empfundene Beeinträchtigung der eigenen Befindlichkeit durch andere wird allzu leicht als Mobbing bezeichnet.
Durch die inflationäre Verwendung des Begriffs schleicht sich leider auch eine Verharmlosung ein. Die Bedeutung der Auswirkungen einer Intrige wird anschaulicher, wenn wir das deutsche Wort „Rufmord“ hinzunehmen. Während mancher ein „bisschen mobben" ja noch als verzeihlich betrachten mag, dürften die Vorbehalte gegen „ein bisschen rufmorden“ sicher   erheblich größer sein.
Über eines sollten wir uns im Klaren sein, Jeder kann jederzeit in eine Intrige hineingezogen werden! Intrigen aufzudecken und damit Schadensbegrenzung für sich oder andere zu betreiben, halte ich für unabdingbar. Ebenso wichtig ist es mir,  darauf hinzuweisen, dass einer Intrige nicht aus einer Überlegenheitsposition begegnet werden kann, „weil wir ja mit der Aufdeckung der Intrige  etwas Gutes tun“.  Die Individualpsychologie enthält sich jeglicher moralischen Wertung. Allzu leicht könnten wir in eine selbstgestellte Falle tappen, nämlich Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Moralische Überlegenheit ist ein schlechter Ratgeber.
Was den Nutzen betrifft, den wir aus einer Intrige ziehen möchten, müssen wir uns auch ernsthaft fragen, um welchen Preis   wir bei einer Intrige den erhofften Vorteil erkaufen. Denn nicht nur dem Opfer einer Intrige wird Schaden zugefügt, auch der aktiv Beteiligte kommt bei solchen Machenschaften nicht ohne „schwarze Flecken“ auf seiner Seele davon. Wenn der Volksmund sagt, „ein bisschen was bleibt immer hängen" so gilt das eben für beide Seiten.
Versuchen wir also, aus wohlverstandenem Eigennutz, transparent zu sein und der Psychohygiene den ihr zukommenden Stellenwert einzuräumen. Kurt Biedenkopf hat einmal gesagt: „Intrigen sind das Nebengeräusch der Politik". Lassen wir den Nebengeräuschen in unserem Leben möglichst wenig Platz und versuchen lieber,   sauber zu bleiben.
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Krise
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2006)

„Ich krieg´ die Krise“ - eine moderne Redewendung, die ein Lebensgefühl unserer Zeit umschreibt. Jede neue Situation, die tatsächlich oder auch nur vermeintlich von der erwünschten Normalität abweicht, wird heutzutage als Krise bezeichnet. Dies mag damit zusammenhängen, dass sich Normalität in den Medien nicht vermarkten lässt.
Da stellt sich natürlich sofort die Frage, wieso Krisen ein solches Interesse hervorrufen und wieso Menschen empfänglicher für Informationen werden, wenn sie mit dem Etikett Krise versehen sind?
Es ist festzustellen, dass das   Wort Krise immer mehr lediglich einen bestimmten Zustand   bezeichnet und zwar immer einen, der als negativ oder bedrohlich angesehen wird. Ob es sich um  Börsenkrise, Energiekrise, Landwirtschaftkrise, IT-Krise oder jegliche Art von politischer Krise handelt, es wird der tatsächliche oder vermeintliche Missstand mit dem Wort Krise versehen und so oft auf ein Maß an Bedeutung angehoben – oder auch reduziert – welches dem tatsächlichen Sachverhalt nicht angemessen ist. Ich halte dies für eine sehr bedenkliche Entwicklung, da sie meiner Meinung nach den steigenden Angstpegel in unserer Gesellschaft belegt. Um so mehr, als wir gleichzeitig eine verstärkte Flucht aus der Realität feststellen können. Die immer schneller fortschreitende Veränderung der Lebensbedingungen (Stichwort Globalisierung) verursacht Angst und lässt viele in eine ersehnte Harmonie   flüchten, in der sie Gemeinschaft erleben möchten. Der Zulauf zur Volksmusik oder die Love-Paraden sind nur zwei Ausprägungen unserer Flucht(versuche) in ein Stückchen harmonische, krisenfreie Welt.
Wenn wir uns die griechische Bedeutung des Wortes Krise (griech. Krisis.: Entscheidung, Wendepunkt) vor Augen führen, und die allgemeine Definition: Wichtiger Abschnitt eines psychologischen Entwicklungsprozesses, in dem sich nach einer Zuspitzung der Situation der weitere Verlauf entscheidet.... ("Der neue   Brockhaus (1979)" 6. Auflage, 3. Band, S. 271 ), hinzuziehen, so zeigt sich, dass der Aspekt des Entwicklungsprozesses ebenso in den Hintergrund getreten ist, wie die Tatsache, dass über die Art des Verlaufs nach dem Wendepunkt zunächst noch nichts gesagt ist.
Gefangen in der eingeengten Sicht der aktuellen Situation und der als bedrohlich empfundenen Zukunft, wird die Chance der positiven Entwicklung außer Acht gelassen. Die Fähigkeit, eine Krise als Chance zu bewerten, die lediglich ein Übergangsstadium zwischen zwei Zuständen ist, scheint allgemein immer mehr zu schwinden. Zwar wird viel von der Notwendigkeit zur Reform in   Eigenverantwortung gesprochen. Abschottungs- und Beharrungstendenzen reduzieren aber diese Reformbestrebungen auf Lippenbekenntnisse.
Die Individualpsychologie, die sich ie Ermutigung des Menschen zur Aufgabe gemacht hat, bietet hier wertvolle Hilfe an. Der ermutigte, selbstständige Mensch wird eine Änderung seiner Lebensumstände eben nicht ausschließlich als Bedrohung sehen, sondern auch die Chancen erkennen, die damit verbunden sind. Ein chinesisches Sprichwort sagt:
„Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen.”  Lassen Sie uns im Rahmen unserer Tätigkeit dazu beitragen, dass möglichst viele Menschen „Windmühlen bauen“ können.
Es lohnt sich.
Neid
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2009)

„Was uns angeht, möge uns ohne Vergleich erfreuen; niemals wird   der glücklich sein, dem eines anderen größeres Glück Qual bedeutet.“ Soweit der römische Philosoph Seneca, der damit Neid und Missgunst eine klare Absage erteilt.
Leichter gesagt als getan, denn auch bei unrealistischer Selbsteinschätzung wird wohl kaum jemand von sich behaupten können, nicht schon einmal Neid verspürt zu haben. Seneca benennt klar, was der Gefühlsregung vorausgehen muß, nämlich der Vergleich, also die Feststellung „Ich habe/bin/kann etwas nicht, was ein anderer hat/ist/kann“.
Bleiben wir bei Adler, der sagt, dass wir uns immer im Kontext zu unserer Umgebung wahrnehmen und unsere gefühlte Minderwertigkeit uns dazu bringt, nach Ausgleich bzw. Überlegenheit zu streben. Der Vergleich gehört also zu uns – ist ein Teil unserer Wahrnehmung.
Der Unterschied liegt vielmehr in der gefühlsmäßigen Bewertung. Bringt uns die eigene Entmutigung dazu, in Abwendung von dem anderen / von der Gemeinschaft etwas für uns zu wünschen was ein anderer hat oder kann, sind wir also neidisch? Oder gehen wir sogar soweit, dass wir uns gegen den anderen / die Gemeinschaft wenden und dem anderen etwas missgönnen? Ist unsere Haltung, dass ein anderer nicht haben können darf, was wir nicht haben? Jammern wir also, sozusagen im Sandkasten sitzend, darüber, dass unsere Spielkameraden mit den schöneren Förmchen spielen, oder gehen wir hin und machen die Förmchen kaputt, damit unsere Spielkameraden sie auch nicht haben?
Ein resignierendes Neiden ebenso wie ein aggressives Missgönnen sagt uns also etwas über den Grad der Entmutigung des betreffenden Menschen.
Übertragen auf den Zustand einer Gesellschaft heißt dies im Umkehrschluß, dass eine mutlose Gesellschaft immer anfällig ist für Neid und Missgunst. Man kann dies beklagen und moralisch bewertend über unsere heutige Neidgesellschaft lamentieren – mehr als ein schlechtes Gewissen bei dem einen oder anderen wird sich damit aber nicht erreichen lassen. Hilfreicher ist es, darauf zu achten, was uns gerade mutlos macht, wenn wir wieder einmal Neid verspüren. Suchen wir die Ermutigung, Neid und Missgunst werden dadurch der Nährboden entzogen.
Es lohnt sich. . .
Transparenz
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2006)

Der Begriff „Transparenz“ wird im täglichen Sprachgebrauch verwendet um auszudrücken, dass etwas klar erkennbar sein soll. Es wird Transparenz hinsichtlich der Einkommen von Politikern gefordert und wenn es darum geht, Missstände jeglicher Art aufzudecken, spricht man davon, etwas transparent zu machen.
Auch im Zusammenhang mit Coaching und Beratung ist der Begriff Transparenz gebräuchlich. Die Vorgehensweise des Beraters soll   erkennbar sein, um durch diese Erkennbarkeit eine Überprüfung zu ermöglichen. Grenzen sind natürlich da zu ziehen, wo entweder gesetzliche Bestimmungen oder Rechte der Mitmenschen verletzt werden. Es geht ja nicht darum, dass jeder jederzeit alles von seinen Mitmenschen wissen darf, sondern dass bei einem gleichwertigen Miteinander innerhalb zu akzeptierender Grenzen offen und wahrheitsgemäß kommuniziert wird. Nicht der gläserne Mensch ist erstrebenswert, sondern der Erkennbare.
Interessanterweise wird der Begriff Transparenz zum Beispiel in der Computer- und Nachrichtentechnik in einer Bedeutung verwendet, die dem üblichen Verständnis genau entgegengesetzt ist. Als transparent bezeichnet man dort nämlich etwas, was zwar vorhanden ist und genutzt wird, aber dabei für den Anwender in keiner Weise erkennbar ist. (Wikipedia) In diesem Sinne würde also jemand, der etwas transparent macht, zwar in seinen Handlungen erkennbar sein, aber die Hintergründe und näheren Umstände seines Tuns vor den anderen verbergen. Ich mache etwas   transparent heißt, ich mache es für andere nicht sichtbar.
Wir wollen hier jedoch bei der geläufigsten Definition bleiben, d.h. Transparenz im Sinne von Offenheit und Klarheit. Vor diesem Hintergrund darf Transparenz aber nicht gleichgesetzt werden mit Authentizität, also Echtheit. Während die Authentizität Ausdruck der Grundhaltung des Menschen ist – und der Mensch als unecht empfunden wird, wenn er sich zu verstellen sucht – ist Transparenz lediglich Werkzeug. Wie bei jedem Werkzeug lässt sich somit die Einsatzart nur an der Finalität des Handelns bestimmen. So kann das „Werkzeug Hammer“ zum Hausbau genutzt oder als Waffe missbraucht werden. So kann auch das „Werkzeug Transparenz" zu einem Werkzeug der Erfüllung der eigenen negativen Finalität verkümmern.
Transparenz ist somit kein Wert im ethischen Sinne, sondern vielmehr Vehikel. Folgerichtig ist der Begriff Transparenz nicht ein ethischer Grundsatz unseres Handelns, sondern eine Handlungsrichtlinie im Zusammenhang mit fairem Umgang und Wettbewerb der Menschen untereinander.
Die häufige Benutzung der Worte „Ich liebe Dich" lässt nicht Liebe entstehen, sondern nährt eher Zweifel an dem vermeintlich Intendierten. Erst „die innigste Hingabe an einen Partner“ (Adler, 1931) lässt die ungesagten Worte „ich liebe Dich“ beim Gegenüber erspüren. Ähnlich bei der Benutzung des Begriffes Transparenz. Menschen, die den Begriff Transparenz vor sich herführen, sind nicht damit automatisch authentisch. Ein Coach oder Berater kann seine Arbeitsweise dem Klienten noch so häufig und detailliert beschreiben, wenn er dabei nicht als authentisch   empfunden wird, bleibt immer ein Zweifel, der zur Suche nach dem führt, was vermeintlich verborgen wird.

Authentische Menschen benötigen nicht das immer währende Postulat ihres transparenten Handelns, denn Echtheit des Handels wird vom anderen erlebt. Wir sollen nicht über Transparenz beim anderen reden, sondern selbst echt und damit zwangsläufig erkennbar sein. Denn erkennbar zu sein entlastet uns und andere im täglichen Miteinander.
Es lohnt sich.
Vergangenheit
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2006)

„Die Vergangenheit ruhen lassen", „Was vorbei ist, ist vorbei"  „Das ist Schnee von gestern". Redewendungen wie diese kennen wir alle. Sie drücken aus, dass wir etwas hinter uns Liegendes als nicht mehr änderbar ansehen und daher nicht mehr daran rühren wollen. Aber ist das überhaupt möglich?
Ob wir wollen oder nicht, so tragen wir doch die Vergangenheit ständig mit uns herum und zwar als Teil unseres Lebensstils.
Aber nicht nur Einzelpersonen haben eine Vergangenheit, mit der sie sich auseinandersetzen müssen, sondern auch Gesellschaften, Gruppen und Gemeinschaften haben ihre historischen Wurzeln - eine Vorgeschichte. Politische, kulturelle, religiöse oder weltanschauliche Ansichten und Gegebenheiten sind in einer Zeit   mit ihren spezifischen Problemen entstanden und können nur im historischen Zusammenhang verstanden werden. Dies gilt ebenso für die Individualpsychologie Alfred Adlers. Sie ist von Dreikurs, Grunwald, Tymister und anderen weiterentwickelt worden. Auf der Basis der Adlerischen Gedanken die historische Begrenztheit zu verlassen, heißt, Erklärungs- und Lösungsansätze für Probleme zu bieten, die eben in der Form in früheren Zeiten nicht vorhanden waren. Zur Zeit Alfred Adlers waren Globalisierung, Single-Haushalte oder Patchwork-Familien kein Thema, und auch der Begriff des weiblichen Protestes war Anfang des 20. Jahrhunderts kein Begriff, der für Adler eine gesellschaftliche Relevanz hatte.
Individualpsychologie ist nicht Selbstzweck oder Dogma – sondern ein Hilfsangebot an Menschen, ein erfüllteres Leben in der Gemeinschaft zu führen. Und diese Gemeinschaft unterliegt einer ständigen Veränderung. Je nach Mutpegel werden wir allerdings versuchen, den Status Quo zu konservieren und damit in der Vergangenheit leben. Damit bestätigt sich der bekannte Spruch „Das Bessere ist der Feind des Guten". Nun bleibt aber die Welt um uns herum nicht stehen. Unmerklich kann so ein Teufelskreis entstehen, in der der Einzelne um so intensiver die Vergangenheit sucht, je mehr Veränderungen auf ihn einstürmen.
Ebenso wenig, wie  Vergangenes konserviert werden kann, lässt sich die Vergangenheit wegschließen oder verdrängen. Sicherlich ist es verlockend, dies zu tun, wenn sie als Hypothek empfunden wird. Der Preis dafür ist ein unvollständiges Verständnis für sich selbst und das eigene Verhalten. Übertragen auf eine Staatengemeinschaft heißt dies, dass eine unbewältigte Vergangenheit immer als Belastung wirksam sein wird. Wir verfolgen eine Vermeidungsstrategie um nicht an Vergangenes erinnert zu werden und engen damit unseren aktiven Handlungsspielraum ein.
„Morgen wird Heute bereits Vergangenheit sein". Somit liegt es an uns, durch unser heutiges Handeln eine Vergangenheit zu schaffen, auf der eine positive Zukunft aufbauen kann. Die Vergangenheit ist ein Fundament, das es uns ermöglicht, nicht in der Vergangenheit, sondern aus der Vergangenheit heraus zu leben und uns und die Gesellschaft weiter zu entwickeln.
Unsere Vergangenheit liegt vor uns. Gestalten wir sie.
Es lohnt sich...
Werteverfall
Autoren: Hoberg/Kasüschke   (2006)

Es vergeht wohl kaum ein Tag, an dem nicht Klagen über den Verfall von Werten zu hören oder zu lesen sind. Man ist fast versucht, sich darüber zu wundern, dass überhaupt noch Werte existieren. Schließlich werden diese Klagen geführt, seit sich Menschen Gedanken über Werte des Zusammenlebens in der Gemeinschaft machen.
 
Es ist daher zutreffender zu sagen, dass die Bedeutung, die einem Wert beigemessen wird, einem ständigen Wandel unterliegt. Und da stellt sich die Frage, was denn an einem Wertewandel generell zu bedauern ist?
 
Wir haben in der Geschichte einerseits genügend Beispiele dafür, dass in einer Gesellschaft Werte hochgehalten wurden, die wir heute nicht mehr als bestimmend für ein mitmenschliches Zusammenleben erachten. Andererseits wird im Zusammenhang mit verschiedenen Werten – häufig auch herabsetzend – von Sekundärtugenden gesprochen.
 
Kennzeichnend ist in beiden Fällen, dass eine Bewertung aufgrund eines moralisierenden Richtigkeitsanspruches wirksam ist.  Damit tappt man aber leicht in eine Falle, denn  z. B. kann Pünktlichkeit  durchaus als Ausdruck von Respekt gegenüber den Mitmenschen verstanden werden, ebenso wie Ungehorsam ein Zeichen besonderer Zivilcourage sein kann.
 
 
Über die moralische Wertung von Werten wird versucht, den aus Sicht des Betreffenden wünschenswerten  Status quo zu konservieren oder ihm unbequeme Werte zu beseitigen. Ein Wert stört, also muß er diskreditiert werden. Ein Wert ist gut, also muß er hochgehalten werden, und so erlangt er dogmatischen Charakter. Nun dienen Werte  der Orientierung und der Setzung von Grenzen, und ich will hier auch selbstverständlich nicht einer „wert(e)losen“ Gesellschaft das Wort reden - in einem früheren Artikel habe ich mich ja zu ethischem Handeln als Handeln im Rahmen einer gemeinsamen Wertevorstellung bereits geäußert - nein, wichtig erscheint mir vielmehr , dass wir uns einen klaren Blick auf  die Grundvoraussetzungen für ein menschliches Zusammenleben  bewahren.  
 
 
Nach Alfred Adler verfolgt der Mensch zeitlebens ein Ziel, welches generell „zum Nutzen“ oder „zu Lasten“ seiner Umgebung wirkt.  Er tut dies gemäß seines Lebensstils und  seiner privaten Logik und steht somit zwangsläufig nicht immer im Einklang mit seinen Mitmenschen, die ja ebenfalls ihre eigenen Ziele verfolgen.  
 
Adler geht weiter davon aus, dass der Mensch aktiv werden soll, also nicht Anpassung an bestehende Realitäten lebt, sondern versucht, eine bessere zu schaffen. Das er dabei den Interessen einzelner Personen oder auch Gruppierungen entgegen handeln kann, liegt in der Natur der Sache.
 
Wir sollten uns daher immer vor Augen führen, mit welcher Finalität der Verfall von Werten beklagt wird und uns einer allzu kurzfristigen Betrachtung enthalten. Einem Wandel von Werten können wir uns nicht verschließen. Vielmehr sollten wir uns bei allem Wandel darum bemühen,  die Würde des anderen zu achten, ihn gleichwertig zu behandeln und seiner Individualität Rechnung zu tragen. So schaffen wir die Voraussetzungen für ein konstruktives Leben in der Gemeinschaft.   
Es lohnt sich...
Verband individualpsychologischer Berater Deutschland e.V.
c/o Michael Hoberg
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Fax.: +49 2133 9366878
eMail: Vorstand (at) ViBD.de
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